Alter, was geht?

Um Alter und das Älterwerden geht es in der neuen Filmreihe des Arbeitskreises Kirche und Kino. Noch nie gab es so viele Menschen, die ein hohes Alter erreichen, fit und unternehmungslustig sind. Aber Alter ist auch oft ein Schreckgespenst, mit Einsamkeit, Gebrechlichkeit, Bedürftigkeit verbunden. Die Filme in dieser Reihe zeigen die Herausforderungen des Alters, aber auch die Kraft, die in der Lebenserfahrung und Weisheit liegen kann.
Jeder Film wird durch ein Mitglied des Arbeitskreises eingeführt, danach ist Gelegenheit zum Austausch.

Alle Filme laufen im Kommunalkino City 46, Birkenstraße 1 (Herdentor).

A Great Place to Call Home

USA 2023, Regie: Marc Turtletaub, mit Ben Kingsley, Harriet Harris, Jane Curtin, 87 Min., OmU

Di. 17.9.2024 / 18:00 mit Einführung: Ingeborg Mehser, Arbeitskreis Kirche & Kino

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Milton ist Ende Siebzig, Witwer und widmet seinen Lebensabend vor allem der Gartenarbeit. In seiner Heimatstadt in Pennsylvania ist Milton als komischer Kauz bekannt, weil er sich auf den Gemeinderatssitzungen vehement für die Änderung des Stadt-Slogans einsetzt. „A Great Place to Call Home” ist ihm zu missverständlich formuliert. Außer seiner Tochter Denise nimmt ihn jedoch niemand ernst. Als eines Nachts ein echtes UFO mit einem kleinen blauen humanoiden Wesen in Miltons Blumenbeet landet, glaubt ihm das keiner. Also nimmt er den Außerirdischen mit ins Haus und versorgt ihn. Der Gast entpuppt sich als ruhiger und aufmerksamer Zeitgenosse mit einer Vorliebe für Fernsehen und Äpfel. Auch Miltons Nachbarinnen Sandy und Joyce lernen den Alien kennen und nennen ihn liebevoll Jules. Der versucht, sein notgelandetes Raumschiff zu reparieren, wofür er merkwürdigerweise tote Katzen benötigt. Und irgendwann interessieren sich die Behörden doch für das abgestürzte Flugobjekt.

Regisseur Marc Turtletaub hat zuvor so wunderbare Filme wie „Little Miss Sunshine“ und „The Farewell“ produziert, die ebenfalls durch ihre einzigartige Atmosphäre überzeugten. Auch in „A Great Place to Call Home“ herrscht ein unverwechselbares Flair, ein Mix aus Kleinstadtstaub, rebellischer Altersmelancholie und einer liebenswürdigen, leicht durchgeknallten Grundstimmung. So wird man ganz von selbst in die ruhige, mit sanftem Humor erzählte Geschichte über Freundschaft und den Kampf gegen die Einsamkeit hineingezogen und erlebt auch eine witzige, kluge Abrechnung mit einer Gesellschaft, die glaubt, älteren Menschen mit Ignoranz und Geringschätzung begegnen zu können. (Gaby Sikorski, www.programmkino.de)

Christopher Norrs Kamera fängt keine Slapstick-Effekte ein, keine der mal hauchzarten, mal knackigen Pointen verkaufen die fabelhaften Darsteller unter Wert, sondern vermitteln sie nuanciert, leise, wie beiläufig. So entsteht eine Komödie mit Tiefgang: ein ebenso anrührendes wie amüsantes Drama über einsame alte Menschen. (Dietmar Kanthak, www.epd-film.de)

Wunderbar ist, wie Kingsley die Selbstverständlichkeit vermittelt, mit der Milton den außerirdischen Gast, der den Namen Jules erhält, umsorgt. „A Great Place to Call Home“ ist warmherzig, ohne dabei ins Kitschige abzugleiten. Da Jules nicht spricht, kann er wiederum keine lustigen Sprüche reißen (wie die Titelfiguren in ALF und in Paul – Ein Alien auf der Flucht). Die Dramatik von E.T. wird nicht angestrebt – dennoch gelingt es dem Skript und dessen Umsetzung, emotionale Momente zu erzeugen. Denn Jules wird als geduldiger Zuhörer zunehmend zur Projektionsfläche, nicht nur für Milton, sondern auch für die beiden Nachbarinnen Sandy und Joyce. (Andreas Köhnemann, www.kino-zeit.de)

Kommende Filme dieser Reihe:

Lucky

USA 2017, Regie: John Carroll Lynch, mit Harry Dean Stanton, David Lynch, Ron Livingston, 88 Min., OmU

Di. 29.10.2024 / 18:00 mit Einführung: Heinz Martin Krauß, Schulpastor Nebelthau-Gymnasium

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Lucky lebt in einem verschlafenen Wüstenstädtchen im amerikanischen Nirgendwo. Der 90-jährige Eigenbrötler und Freigeist verbringt seine Tage mit geliebten Ritualen – Yoga und Eiskaffee am Morgen, philosophische Gespräche bei einem Drink am Abend in der Kneipe. Ein plötzlicher Zusammenbruch macht ihm deutlich, dass seine exzellente Gesundheit langsam nachlässt. Der unreligiöse Lucky setzt sich daraufhin vermehrt mit seiner Sterblichkeit und dem Sinn des Lebens auseinander. Es scheint Zeit, dem Leben noch einmal auf den Zahn zu fühlen. 
Mit lakonischem Humor und Country-Song-Melancholie ist LUCKY eine Hommage an den berühmtesten unbekannten Schauspieler Hollywoods, Harry Dean Stanton. Bevor Wim Wenders ihn für „Paris, Texas“ entdeckte, hatte Stanton in Nebenrollen in nahezu jeder Cowboyserie des amerikanischen Fernsehens gespielt, von „Rawhide“ bis „Rauchende Colts“. Stanton, der am 15. September 2017 im Alter von 91 Jahren kurz vor der Premiere starb, ist in diesem Film noch einmal das, was seine gesamte Karriere geprägt hat: ein liebenswerter Outlaw. Am 14. Juli 1926 wäre Stantons 98. Geburtstag gewesen.

Aus einem Interview mit dem Regisseur John Carroll Lynch: „Die Geschichte wurde komplett auf Harry Dean in der Rolle des Lucky zugeschnitten. Das Drehbuch war eine Art Liebeserklärung an ihn als Schauspieler und als Mensch. Der Film ist stark von Harrys Leben, seiner Persönlichkeit und seinen Erlebnissen inspiriert. Er ist in diesem Sinne quasi biografisch. Logan Sparks, der Co-Autor des Films, ist ein alter Freund von Harry, was ebenfalls zur Inspiration beigetragen hat. «Lucky» ist die Geschichte eines Mannes, der erkennt, dass der Rest seines Lebens nur noch Monate oder Wochen dauert, nicht mehr Jahre oder Jahrzehnte.“ (www.der-andere-film.ch)

»Lucky« ist das späte Regiedebüt des Schauspielers John Carroll Lynch (keine Verwandtschaft mit David Lynch), der seinen Durchbruch 1996 mit der Rolle von Frances McDormands Ehemann in »Fargo« hatte. Seine mehr als zwanzigjährige Erfahrung vor der Kamera merkt man »Lucky« auf angenehmste Weise an, wenn er den Schauspielern (nicht nur Harry Dean Stanton) Raum zur Entfaltung gibt. (Frank Arnold, www.epd-film.de)

„Lucky“: Hommage an Harry Dean Stanton. Vorgestellt von Katja Nicodemus (www.ndr.de)