GESPALTEN

Seit geraumer Zeit fühlt sich die Welt anders an. Auch früher schon gab es Interessenkonflikte und soziale Spannungen, Nationalismus und extreme Meinungen. Doch die Kommunikationsstörungen zwischen den verschiedenen Lagern scheinen immer mehr zuzunehmen. Nur in einem sind sich alle einig: Das Land, der Kontinent, die Welt ist GESPALTEN. Die Risse gehen durch die Gesellschaft, die Familien und nicht zuletzt die Individuen selbst. In seiner aktuellen Filmreihe zeigt der Arbeitskreis Kirche & Kino Bremen unterschiedliche filmische Auseinandersetzungen mit diesem Phänomen.

Wegen der Corona-Beschränkungen mussten die Termine von April bis Juli sowie seit November ausfallen. 

Alle Filme laufen im Kommunalkino City 46, Birkenstraße 1 (Herdentor).


07. Januar 2020, 18:00

ICH, DANIEL BLAKE

GB/A 2016, Regie: Ken Loach, mit Dave Johns, Hayley Squires, Sharon Percy, 101 Min., engl. OmU

Der Tischler Daniel Blake ist ein anständiger Durchschnittsengländer, der das Leben so nimmt, wie es kommt und sich durchschlägt. Sein ganzes Leben lang hat er Steuern gezahlt. Doch dann bringt ihn eine Krankheit in die Bredouille. Plötzlich ist er auf staatliche Hilfe angewiesen. Aber der Staat will sie ihm nicht gewähren, und schon bald findet er sich in einem bürokratischen Teufelskreis aus Zuständigkeiten und Anträgen wieder. Als er eines Tages auf dem Amt die alleinerziehende Mutter Katie und ihre Kinder Daisy und Dylan kennenlernt, beschließen sie, gemeinsam den Behörden zu trotzen. Die bürokratischen Hindernisse des Sozialstaates sind hoch. Doch trotz des Gefühls von wütender Ohnmacht sind Daniel und Katie fest entschlossen, sich nicht unterkriegen zu lassen.

»Unversöhnlich und mit bissigem Humor schildert Loach das britische Sozialhilfesystem als raffinierte Maschinerie von Ausgrenzung und Leistungskürzung.« (epd-Film)

Ausgezeichnet mit der Goldenen Palme als bester Film auf dem Filmfest in Cannes.

Einführung: Holger Tepe (CITY 46)


11. Februar 2020, 18:00

SYSTEMSPRENGER

D 2019, Regie: Nora Fingscheidt, mit Helena Zengel, Albrecht Schuch, 118 Min.

Die neunjährige Benni ist der Inbegriff des Wortes „Systemsprenger“. So werden Kinder genannt, die alle möglichen Kinder- und Jugendhilfeinstitutionen durchlaufen und denen scheinbar nirgendwo geholfen werden kann. Benni hat extreme Anfälle von Aggression und Zerstörungswut, sie widersetzt sich jeder Regel und wird fortwährend weitergereicht. Doch eigentlich sehnt sie sich nur danach, wieder bei ihrer Familie leben zu dürfen, zusammen mit ihren kleinen Geschwistern. Bennis Mutter Bianca sieht sich allerdings völlig überfordert angesichts des Gewaltpotenzials ihrer Tochter.

Nora Fingscheidt wählte für Bennis Geschichte bewusst keine dokumentarische Erzählform: „Ich wollte nicht mit der Kamera in das Leben eines betroffenen Kindes eindringen. Systemsprenger sind ja Extremfälle. Es sind Kinder, die keinen Halt haben. Ich hätte es unverantwortlich gefunden, so viel Aufmerksamkeit auf sie zu richten.“. Der Film wurde unter anderem auf der Berlinale 2019 mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet und ist für die Oscars 2020 als bester nicht-englischsprachiger Film nominiert.

Einführung: Ingeborg Mehser, Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt


10. März 2020, 18:00

KRIEGERIN

D 2011, Regie: David Wnendt, mit Alina Levshin & Jella Haase, 102 Min.

Die 20-jährige Marisa aus einer ostdeutschen Kleinstadt rennt wie eine Rasierklinge durchs Leben. Wenn ihr jemand dumm kommt, schlägt sie zu, selbst wenn das die eigenen Leute aus der Jugendclique sind, die sich der rechtsextremen Szene zugehörig fühlen. Der Respekt, den sich Marisa dadurch verschafft hat, wird allerdings durch Svenja bedroht. Die ist erst 15, stammt aus gutbürgerlichem Haus und ist von der Neonaziszene fasziniert. Ihren Hass auf die „Gesellschaft“, die auch ihren Freund hinter Gitter gebracht hat, lässt Marisa vor allem an Ausländern aus. Als sie Jamil und Rasul, zwei junge Asylbewerber auf dem Moped nach einem Streit absichtlich mit dem Auto rammt, löst sie eine Kette von Ereignissen aus, die ihr Weltbild ins Wanken geraten lassen und von ihr einen hohen Preis fordern.

Einführung: Louis-Ferdinand von Zobeltitz, Pastor i.R.


22. September 2020, 20:00

HERRLICHE ZEITEN

D 2018, Regie: Oskar Roehler, mit Katja Riemann, Oliver Masucci & Samuel Finzi, 110 Min.

Eigentlich ist es mehr als Scherz gemeint, als der wohlhabende Schönheitschirurg Claus Müller-Todt und seine abgespannte Ehefrau Evi eine Annonce aufgeben, in der sie nach einem Sklaven oder einer Sklavin suchen. Jedoch scheint der angehende Butler Bartos das keineswegs für geschmacklos zu halten. Ganz im Gegenteil, als neue Haushaltshilfe im Hause Müller-Todt setzt er alles daran, Luxus gleich Römischer Dekadenz in die Tat umzusetzen und bietet seinem neuen “Herren” sogar seine Frau Lana als Gespielin an. Die Situation eskaliert, als Bartos anfängt, immer mehr Schwarzarbeiter einzustellen.

Einführung: Dirk von Jutrczenka, Leitung forum Kirche


06. Oktober 2020, 19:00

VORTRAG IN DER KULTURKIRCHE ST. STEPHANI: SEHT DER MENSCH: GUT UND BÖSE!?

Gut und Böse gehören gemeinhin zur Grundausstattung menschlicher Eigenschaften und sind klassische Begriffe in der Philosophie und den Künsten. Nicht zuletzt durch die Rezeption der biblischen Schöpfungsgeschichte -der sogenannte Sündenfall – hat dieser Dualismus so etwas wie ewigen Gültigkeitswert erhalten. Und nicht nur in christlich geprägten Regionen der Welt. Insbesondere der Hollywood-Film hat den Dualismus vielfach und erfolgreich immer wieder aufgegriffen, variiert und tradiert und so zur Festigung beigetragen.

Aber ist der Mensch wirklich per se „gut“ und „böse“? Und weil vor allem „das Böse“ bis heute nichts an Attraktivität verloren hat, lohnt es sich, einmal zu hinterfragen, ob das Begriffspaar dem Menschen als fester Bestandteil seiner Verhaltensstruktur zugeschrieben werden kann. Einige Filmausschnitte zeigen Beispiele für “gutes“ und „böses“ Verhalten und sollen einen kritischen Blick auf feste Zuschreibungen hinterfragen helfen.

Referent: Karl-Heinz Schmid, anschliessend Diskussion
Eintritt frei, Spende erwünscht.

Die Gesundheit ihrer Besucher*innen und Mitarbeiter*innen steht für die Kulturkirche St. Stephani im Mittelpunkt. Die Veranstaltung erfolgt daher entsprechend eines Hygienekonzepts, das nach behördlichen Vorgaben entwickelt und umgesetzt wurde. Die Vorsorgemaßnahmen für den Infektionsschutz umfassen u. a. eine Besucherbegrenzung von 50 Personen. Es gilt die Abstandsregel von mindestens 1,5 Metern und die Nies- und Hust-Etikette einzuhalten, Ihre Hände zu desinfizieren sowie einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, den Sie bitte mitbringen.


27. Oktober 2020, 20:00

CAMINO A LA PAZ

Argentinien/Niederlande/Deutschland 2015, Regie: Francisco Varone

Ein arbeitsloser Argentinier aus der unteren Mittelschicht hält sich mit prekären Jobs über Wasser. Da ihm sein Vater einen alten Peugeot 505 hinterlassen hat, kann er damit gelegentlich Menschen chauffieren. Einer seiner Fahrgäste, ein alter gebrechlicher Muslim, heuert ihn für eine 3000 Kilometer lange Fahrt nach La Paz in Bolivien an. Die Reise wird zur Begegnung mit einer Form des Islam, die sein Leben verändert. „Das stimmungsvolle Road Movie lässt Raum, um die Eigenheiten der jeweiligen Religion kennenzulernen, stellt seine Absicht, den Graben zwischen Christentum und Islam durch die Idee der Nächstenliebe zu überbrücken, aber eher vordergründig-didaktisch aus.“ (Filmdienst)

Einführung: Heinz-Martin Krauß


16. November 2020, 09:00

GOTT – LIEBE – TOD: INGMAR BERGMANS LEBENSFILM

5-tägige Bildungszeit mit Karl-Heinz Schmid 
vom 16. bis 20. November 2020, 9:00 – 14:30 Uhr

Der schwedische Film- und Theaterregisseur gilt als einer der wichtigsten Regisseure der gesamten Filmgeschichte und gewann dabei praktisch alle wichtigen Filmpreise, die es gibt. In seinem ca. 70 Filme umfassenden Werk befasste er sich immer wieder mit der Suche nach Gott, der Bedeutung der Liebe und der Auseinandersetzung mit dem Tod. In der Bildungszeit werden wir eintauchen in die faszinierende Tiefe der wichtigsten Werke und diese sowohl inhaltlich als auch stilistisch analysieren und in biographische wie historische Zusammenhänge einbetten.

Veranstalter: Evangelisches Bildungswerk Bremen
Veranstaltungs-Nr.: 202602
Preis: 110 € / ermäßigt: 80 €
Anmeldung: Telefon 0421 34615-35, E-Mail bildungswerk@kirche-bremen.de

Ort: City 46 – Kommunalkino Kino 3 / Seminarraum, Birkenstr. 1, 28195 Bremen


24. November 2020, 20:00

DIE WÜTENDEN – LES MISÉRABLES

Frankreich 2019, Regie: Ladj Ly, 105 Min.

Ein Polizist stößt neu zu einem Duo hinzu, das in einem Pariser Vorort Streife fährt, und wird schon am ersten Einsatztag mit den dortigen Machtverhältnissen konfrontiert, an denen seine neuen Kollegen durch Gewalt, Schikanen und Korruption regen Anteil haben. Als ein Löwenjunges aus einem Zirkus von einem Jugendlichen gestohlen wird, droht das fragile Interessengleichgewicht im Viertel zu kippen, umso mehr als die Polizisten bei der eskalierenden Festsetzung des Diebs gefilmt werden. Ein meisterlich inszenierter Film über die explosive Gemengelage an Fronten und Fraktionen in den französischen Banlieues. „Ohne einseitige Schuldzuschreibungen greift das fein gezeichnete Drama brandaktuelle gesellschaftliche Strömungen auf und sensibilisiert eindrücklich für die unkalkulierbaren Gefahren, die aus jeglicher Form der Ausgrenzung erwachsen.“ (Filmdienst)

Einführung: Louis-Ferdinand von Zobeltitz


15. Dezember 2020, 20:00

DER MARKTGERECHTE PATIENT

Deutschland 2018, Regie: Leslie Franke

Aufrüttelnder Dokumentarfilm über die zunehmende Kommerzialisierung deutscher Krankenhäuser, in deren Folge Patienten, Mediziner und Politiker an vielen Orten Alarm geschlagen haben: Zahlreiche Stimmen, die im Film zu Wort kommen, kritisieren die Entwicklung zu einer Effizienzfalle, bei der Behandlungen wirtschaftlichen Überlegungen untergeordnet werden. Während sich die Betreiber dieser Kliniken nicht äußern, zeigt der Film neben seiner bitteren Bilanz auch Ansätze von Umdenken und Widerstand und bietet einen facettenreichen Blick in Krankenhausalltag und gesundheitspolitische Zusammenhänge.

Einführung: Ingeborg Mehser, Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt